Umweltarchiv – Digital Memory

SAMMELN – ZEIGEN – Erinnerung stiftet Identität.

Wir digitalisieren schriftliche und audiovisuelle Dokumente von Menschen, die besonders in der Vergangenheit durch couragiertes Engagement im Umwelt-, Natur- oder Gesundheitsbereich als bedeutsam wahrgenommen wurden. Ihre Errungenschaften stellen wir im virtuellen denk-mal dar.

In der österreichischen Archivlandschaft existiert bis heute kein Erinnerungsspeicher für die zahlreichen Erfahrungen und Erkenntnisse von Menschen, die sich mutig  für Umwelt- und Gesundheitsanliegen eingesetzt haben. Diesen Umstand wollen wir ändern.

Die vorliegende Webseite versteht sich als sich permanent in Entwicklung begriffener Prototyp. Entsprechend der finanziellen Möglichkeiten wird die vorliegende Plattform ständig erweitert, ergänzt und optimiert.

Erinnerungsarbeit kostet Einsatz

Diese Non-Profit Initiative verfolgt das Ziel die bereits geleisteten Pionierarbeiten zur Umwelt-, Natur- und Gesundheitsgeschichte nachhaltig sichtbar zu machen. Nicht nur die zeitaufwendigen Recherche- und Einpflegungsarbeiten und den vielen persönlichen Gesprächen mit den involvierten Persönlichkeiten, sondern auch die Entwicklungsarbeiten für  Programmierung und Webdesign bilden den Rahmen für das Archiv Umwelt und Zivilcourage. Die bisherigen Arbeiten wurden zum Teil von mir selbst – Silvia Moosbrugger und von anderen Einzelpersonen, aber auch von öffentlichen Einrichtungen und NGOs finanziert. Besonders hervorgehoben sei in diesem Zusammenhang auch das Engagement der Wiener Umweltanwaltschaft, Umweltanwältin Andrea Schnattinger, die das Umweltarchiv von Anbeginn finanziell unterstützt und wohlwollend begleitet hat.

Die Zeit drängt

Die Dringlichkeit der Etablierung eines österreichweiten Umweltarchivs ergibt sich aus dem Umstand, dass die teilweise umfangreichen Materialien im Privatbesitz von Umwelt- und NachweltschützerInnen nicht im derzeitigen Fokus des öffentlichen Interesses stehen und dadurch die Gefahr besteht, dass das heute noch verfügbare Quellenmaterial für immer verloren geht.

Vorteile für die Benutzer

Das Archiv Umwelt und Zivilcourage ist ein privat-öffentliches Archiv. Staatlich-öffentliche Archive sammeln hauptsächlich Bestände von Land und Bund. Kritische, umfassende Bestände von couragierten Bürgern, NGOs oder Bürgerinitiativen findet man dort heute nur selten oder gar nicht. Die überparteiliche, unabhängige Plattform versteht sich als Wissens- und Erinnerungsspeicher sowie als ergänzendes Angebot zu den bereits bestehenden öffentlich Archiven. Im Unterschied zu den herkömmlichen Archiven werden die Materialien nach ihrer Herkunft in Vielfalt, Größe und besonderer Eigenart belassen und sind somit in dieser Form sowohl eine ideale Grundlage für die weiterführende wissenschaftliche Bearbeitung, als auch geeignetes Material für die Recherche interessierter BürgerInnen.
Darüber hinaus liegt die Ausrichtung des Umweltarchivs auf multimedialer Dokumentation, Vernetzung und Kooperation mit Partnern und Initiativen aus allen gesellschaftlichen Bereichen. Generell richtet sich das digitale Archiv an eine heterogene Zielgruppe, die Suchergebnisse konsumieren, vermitteln, verlinken oder für die Zukunft sichern wollen.

Zielgruppen

Das Umweltarchiv als digital-memory datenbank sichert Wissen und Erfahrungen für die weitere Forschung, amtliche Stellen, Entscheidungsträger (z.B. Politik, Medien) sowie für die Kultur- und Bildungsarbeit. Es dient somit als Online-Tool für wissenschaftliche, berufliche, private und ehrenamtliche Zwecke.

Umweltgeschichte dokumentieren

Österreich hat eine lange und vor allem eine erfolgreiche Tradition im Bereich Umwelt- und Naturschutz vorzuweisen. Dank individueller oder kollektiver Zivilcourage wird bereits seit dem 19. Jahrhundert „Nachweltschutz“ praktiziert. Ausgehend von Umweltpionieren und NGOs entwickelte sich in Österreich seit den späten 1960er Jahren sukzessiv eine durchsetzungsstarke Umwelt- bzw. Ökologiebewegung quer durch alle Gesellschaftsschichten.
„Zwentendorf“ und „Hainburg“ stehen hierbei als prominente Beispiele für eine bedeutende staatsbürgerliche Partizipation an der politischen Kultur der Zweiten Republik.

Mensch & Umwelt in historischer Perspektive

Bis heute ist in der umwelthistorischen Forschungslandschaft auch die enge Verzahnung des Themenkomplexes Umwelt- und Naturgeschichte mit Fragen der Bürgerpartizipation des 20./21. Jahrhunderts marginalisiert bzw. nur mangelhaft erforscht worden. Es fehlt bis heute eine Gesamtschau der österreichischen Umweltgeschichte nach interdisziplinären Kriterien, die nach den Beziehungen zwischen Menschen und ihrer Umwelt in historischer Perspektive fragt.

Erinnerung stiftet Identität

Geschichtswissenschaftlicher Anknüpfungspunkt des Umweltarchiv-Projekts ist ein kulturhistorischer Ansatz der Zeitgeschichtsforschung, welcher auf die theoretischen Arbeiten von Maurice Halbwachs, Aleida Assmann und auf Pierre Noras Forschungskonzept der Erinnerungs- und Gedächtniskultur zurückgeht.
Es gibt unterschiedliche Wege sich der Vergangenheit zu erinnern. Damit vergangenes für künftige Generationen konserviert bzw. gesichert werden kann, ist es unumgänglich, Archive zu schaffen. Diese Archive sind das kulturelle Gedächtnis einer Gesellschaft, das dann über die Forschungsarbeit einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Der französische Historiker Pierre Nora beschäftigt sich eingehend mit Erinnerungsorten (Lieux de mémoire). Dabei geht er von der Vorstellung aus, dass das kollektive Gedächtnis einer sozialen Gruppe an bestimmten Orten in Erscheinung tritt. Nach Nora besitzt jeder Ort eine Symbolkraft, die für die jeweilige Gruppe eine identitätsstiftende Funktion hat. Gerade diese Gedächtnisorte sind für ihn die letzten Zeugen einer alten Tradition.

„Gedächtnisorte sind Augenblicke der Geschichte, die der Bewegung der Geschichte entrissen wurden, aber ihr zurückgeben werden. Nicht mehr ganz das Leben und noch nicht ganz der Tod…“ (Pierre Nora, Zwischen Geschichte und Gedächtnis, Berlin 1990, Seite 2.)

Die Theorie des kollektiven Gedächtnisses stammt aber im Wesentlichen von Maurice Halbwachs. Er konstatiert, dass jedes Gedächtnis aus kollektiven Erinnerungen besteht. Solche kollektiven Erinnerungen sind Ereignisse, die beispielsweise durch Erinnerungsspeicher wie ein Archiv wieder in das Gedächtnis bzw. Gedenken gerufen werden können. Nach Halbwachs´ Ansicht profitiert jede Person von diesen gemeinsamen, kollektiven Erinnerungen.
Aleida Assmann gibt zur allgemeinen Erinnerungsarbeit zu bedenken: „Jedes ‚Ich‘ ist verknüpft mit einem ‚Wir‘, von dem es wichtige Grundlagen seiner eigenen Identität bezieht. Auch dieses ‚Wir‘ ist wiederum keine Einheitsgröße, sondern vielfach gestuft und markiert zum Teil ineinander greifende, zum Teil disparate und nebeneinander stehende Bezugshorizonte.“ (Aleida Assmann, Siehe online unter: http://www.bpb.de/files/0FW1JZ.pdf am 17. März 2018)

Die Autorität Noras auf dem Gebiet des kollektiven Gedächtnisses wird auch im deutschsprachigen Raum anerkannt und seine diesbezüglichen Auffassungen werden von einer breiten Schicht von Geschichtswissenschaftlern rezipiert. Noras Überlegungen zur kollektiven Gedächtniskultur verdeutlichen, dass nicht mehr die Geschichtsbücher allein die bevorzugten Orte der Erinnerung und des Gedächtnisse sind, sondern auch neue Formen von Gedächtnisorten wie etwa Archive.